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Mental gesund durch süßes Nichtstun

Warum uns Abschalten oft schwerfällt und wie wir mehr Achtsamkeit in unseren Alltag bringen können 

Einfach mal nichts tun – vielleicht sorgt das bei dir erstmal für ein unglaubwürdiges Stirnrunzeln, denn aktiv sein und möglichst viel aus seiner Zeit rauszuholen, gilt in vielen Lebensbereichen als das Ideal. Doch hinter dem „einfach mal die Seele baumeln lassen“ steckt viel mehr als nur faul sein. Wir haben uns das Nichtstun für dich genauer angeschaut – und was es für deine mentale Gesundheit bedeutet.

1.12.2022 Lesezeichen setzen
Mann entspannt und tut nichts.
Müßiggang, Nichtstun, die Seele baumeln lassen – ab zu in den Ruhemodus zu schalten, unterstützt deine mentale Gesundheit.

Das süße Nichtstun

„La dolce far niente“ – hinter dem so wohlklingenden Ausdruck steckt genau das, worin die Italiener angeblich Meister sind: süßes Nichtstun. In Italien gehört es zum südländischen Lebensgefühl und gilt als wichtig für die mentale Gesundheit. Mehr noch: Das Nichtstun ist eine regelrechte Philosophie, die im Alltag der Italiener höchste Anerkennung genießt. Hier käme – im Gegensatz zu anderen Ländern – niemand auf die Idee, Nichtstun mit Faulheit oder Bequemlichkeit gleichzusetzen.  

Auch das chinesische Sprichwort „Beim nichts machen, bleibt nichts ungemacht“ verrät, dass das Nichtstun in Asien einen ganz besonderen Stellenwert einnimmt. Dasselbe gilt für unsere holländischen Nachbarn, die mit „Niksen" das Nichtstun zum Trend gemacht haben. In unseren Gefilden heißt es da eher „Wer rastet, der rostet“. Bevor wir der Frage auf den Grund gehen, warum süßes Nichtstun hierzulande vor allem Stirnrunzeln hervorruft, wollen wir uns das Konzept der vermeintlichen Faulheit genauer anschauen. 

Was heißt eigentlich Nichts tun?

Innehalten und verweilen – das ist im Grunde das, was das Nichtstun ausmacht. Es heißt nicht, gar nichts zu tun oder sich zu langweilen. Nichtstun ist vielmehr eine selbstbestimmte Entscheidung, die bei der bewussten Wahrnehmung des Augenblicks beginnt. Du kannst z.B. in einer bestimmten Aktivität verweilen und innehalten. Wenn du dich dabei ganz auf den gegenwärtigen Moment fokussierst und Vergangenes und Zukünftiges einfach mal beiseitelegst, dann fängt das eigentliche Nichtstun an. 

Finde die Muße im Nichtstun

Die negative Verknüpfung macht es dem Nichtstun zuweilen schwer Fuß zu fassen. Um es aus diesem Schattendasein zu befreien und das Stirnrunzeln zu glätten, lässt sich das Nichtstun viel treffender mit seinem Synonym, der Muße, beschreiben. Was bedeutet Muße? – dass dir Zeit zur Verfügung steht, die du nach deinen Vorstellungen und Wünschen füllen kannst. Das Geheimnis steckt darin etwas zu tun, weil du dich gerade danach fühlst – und nicht, weil du es musst. Und das Wichtigste: Dinge, um ihrer selbst willen zu tun. Obendrauf kannst du dadurch entspannen und im Hier und Jetzt verweilen. 

Konkret heißt das: Du machst z.B. einen Waldspaziergang, aber du hast dir nicht als Ziel gesetzt irgendwo anzukommen, eine bestimmte Strecke für deine Fitness zu laufen oder den nächsten Berg zu besteigen. Du schlenderst einfach nur so herum, bist in der Natur und wählst den Weg, der dir gerade gefällt. Dabei lässt du die Welt um dich herum auf dich wirken und beobachtest, welche Gefühle, Gedanken und Ideen in dir hochsteigen. Dazu gehört natürlich auch, störende Reize aus dem Alltag zu reduzieren, wie beispielsweise das Smartphone. So kannst du Muße tun, Entschleunigung erleben und dich mit dir selbst beschäftigen. 

Warum fällt das Nichtstun so schwer?

Diese Frage lässt sich gar nicht so leicht beantworten. Denn wie du vielleicht schon selbst an dir beobachtet hast: auch wenn freie Zeit zur Verfügung steht, ist diese oft schon vollgepackt mit zahlreichen To-Dos und Verabredungen. Dabei hatte das süße Nichtstun auch hierzulade in früheren Epochen seine Glanzzeit. Vor allem in der Romantik wurden Müßiggang und Nichtstun als magischer Moment der Stille und des Nachdenkens hochgelobt. Mit der Industrialisierung und dem aufstrebenden Kapitalismus rückten stärker materielle Werte und die individuelle Leistungsfähigkeit in den Mittelpunkt. Unsere heutige Krux mit dem Nichtstun ist also durch den geschichtlichen Verlauf und die ökonomische Entwicklung kulturell geprägt. 

Aber wir stolpern auch manchmal über uns selbst, wenn wir einfach mal die Seele baumeln lassen wollen. Wer kennt das nicht? Eben auf dem Sofa niedergelassen, da schreit uns der unaufgeräumte Schreibtisch förmlich an, er möchte jetzt auch mal wieder ordentlich sein. Wenn wir dann versuchen, das Nichtstuns in den Garten zu verlagern, steht da schon der Rosenstrauch mit den zerzausten Blättern und den vorwurfsvoll hängenden Blüten. Es ist also gar nicht so einfach dem Tun zu entkommen. 

Dass wir ständig das Gefühl haben, etwas tun zu müssen, liegt an unserem Gehirn. Einfach ausgedrückt: Unsere Denkmaschine ist darauf programmiert, auf Reize aus der Umwelt zu reagieren. Und da wir im Laufe unseres Lebens gelernt haben, mit einer bestimmten Handlung einen Reiz zu befriedigen, wird uns der unaufgeräumte Schreibtisch auch mit Nachdruck dazu auffordern. Die gute Nachricht: Wenn wir oft und lange genug Reizen widerstehen, verlieren sie ihre Anziehungskraft – und wir lernen sie besser auszublenden. Natürlich spielt hier auch die Stärke des Reizes eine Rolle. Digitale Kommunikationsmedien, wie wir sie mit unserem Smartphone nutzen, senden in sehr kurzen Intervallen sehr starke Reize – und entfachen damit ein regelrechtes Feuerwerk in unseren Synapsen. 

Frau auf Decke im Park mit Buch in der Hand.

Wie wichtig ist das Nichtstun für deine mentale Gesundheit?

Auch wenn unser Gehirn ein echter Reiz-Liebhaber ist, hat es auch seine ruhigen Seiten: Der amerikanische Neurowissenschaftler Marcus Raichle hat herausgefunden, dass das Gehirn ein sogenanntes „Default-Mode-Netzwerk" besitzt. Dieses Ruhezustand-Netzwerk unterstützt die Selbsterkenntnis, das autobiografische Gedächtnis, soziale und emotionale Vorgänge und die Kreativität. Und ist gerade dann hochaktiv, wenn wir uns dem Nichtstun hingeben. Im Reiz-Reaktions-Modus, den wir über den Tag hinweg die meiste Zeit erleben, befindet es sich hingegen im Tiefschlaf.

Die ganze Zeit unzähligen Reize aus unserer Umwelt ausgesetzt zu sein und auf diese zu reagieren, ist natürlich für uns und unser Gehirn sehr anstrengend. Und wenn unser Gehirn ständig unter Stress steht, leidet auch unsere mentale Gesundheit. Das Innehalten und Umschalten in den Ruhezustand verlangsamt die Aktivität der Gehirnwellen, der Blutdruck sinkt und die Durchblutung wird gefördert. Auf diese Weise entspannt unser Geist, Stress wird reduziert und auch das Immunsystem gestärkt. Mehr noch: Wissenschaftler:innen der University of California in Santa Barbara fanden heraus, dass während dem Nichtstuns die Kreativität steigt und neue Gedankenmuster entstehen.

Kein Wunder also, dass die wirklich brillanten Ideen und Erkenntnisse dann in uns entstehen, wenn wir gar nicht damit rechnen. Das Nichtstun oder die Muße ist also nicht einfach eine vermeintlich unproduktive Leere, sondern für unsere mentale Gesundheit wichtige Spielwiese zur Entfaltung unserer schöpferischen Kraft.

Wie finde ich mein Nichtstun heraus?

So unterschiedlich wie die Menschen, so unterschiedlich kann auch ihr Nichtstun sein: Was für den einen eine Zeit der Muße ist, bedeutet für den anderen vielleicht gähnende Langeweile. Während im Garten zu werkeln für manche die pure Entspannung darstellt, ist es für andere einfach nur lästige Arbeit. Wie wir uns erinnern, ist das Wesentliche beim Nichtstun die bewusste Wahrnehmung und das tiefe Entspannen im aktuellen Moment – und zwar mit allem, was dazugehört: Gedanken, Gefühlen und Sinneseindrücken. 

Am besten versuchst du für dich selbst herauszufinden, welche Form des Nichtstuns deine mentale Gesundheit unterstützt – und wobei du ein Gefühl von Zufriedenheit und Freude erlebst. Folgende Fragen können dich dabei unterstützen, das Nichtstun zu lernen: 

  • Wobei fühle ich mich besonders wohl?
  • In welchen Situationen kann ich alles um mich herum vergessen?
  • Wann empfinde ich innere Ruhe?
  • Wobei bin ich weniger durch äußere Reize ablenkbar?
  • Was sind Dinge, die ich gut kann und mich entspannen?

Aktivitäten, die das Nichtstun unterstützen können

Wenn du zu denen gehörst, denen es schwerfällt ins Nichtstun zu kommen – keine Sorge, so geht es vielen. Nichtstun und damit die Aktivierung unseres Ruhemodus im Gehirn braucht etwas Übung. Es gibt bestimmte Aktivitäten, die dabei unterstützen können, Muße zu tun. Probiere doch einfach mal einige aus: 

  1. Besuch im Museum: Im Museum herrscht in der Regel eine ruhige Atmosphäre und du bewegst dich langsam von Ausstellungsobjekt zu Ausstellungsobjekt. Lass die Exponate auf dich einwirken und beobachte, was dabei mit dir passiert. 
  2. Morgens nicht direkt aufstehen: Eine gute Möglichkeit Nichtstun in den Alltag zu integrieren ist nach dem Aufwachen nicht direkt aufzustehen, sondern noch eine Weile liegen zu bleiben und in sich hineinzufühlen: Wie geht es dir gerade? Was hast du die Nacht geträumt? 
  3. Malen: Dafür brauchst du kein Künstler sein, denn allein profanes Ausmalen kann dabei unterstützen in den Ruhemodus zu finden. Wenn die Hände beschäftigt sind, kann dein Geist auf Reisen gehen. Wie wäre es mit etwas entspannender Musik dazu?


Was ist dein liebstes Nichtstun? Schreib uns deine Tipps, um Muße zu erleben in die Kommentare.